Das Jahr der Legalisierung: Ein Cannabis-Rückblick

2024: Highs and lows
Nach langer Vorbereitung und vielen - teils hitzigen - Diskussionen in Gesellschaft und Politik trat am 1. April Cannabisgesetz (CanG) in Kraft. Seitdem ist der Besitz von bis zu 50 Gramm Blüten in Deutschland legal. Dazu kommt, dass der private Anbau von bis zu drei weiblichen Pflanzen erlaubt wurde. Wer jedoch glaubte, dass der Umgang mit Konsum-Cannabis hierzulande so sein wird, wie es beispielsweise in den Niederlanden oder in weiten Teilen der USA ist, wurde enttäuscht. Dennoch ist die allgemeine Stimmung eine optimistische, wie man auf den zahlreichen Hanfmessen sehen konnte.
Mangel an legalen Beschaffungsmöglichkeiten
Obwohl es ursprünglich mal gedacht war, dass Freizeitkonsumenten:innen Cannabis in lizenzierten Fachgeschäften erwerben können, wurde der Punkt aus der finalen Fassung des CanG in dieser Form gestrichen. Stattdessen sollten die Menschen laut Gesetz entweder selbst anbauen oder Mitglied in einem Cannabis Social Club (CSC) werden. Diese Anbauvereine durften allerdings erst ab dem 1. Juli damit beginnen, ihre Lizenzanträge bei den Behörden einzureichen, was auch bedeutete, dass die Bearbeitung weitere Zeit in Anspruch nahm. In der Folge gab es für die Menschen nach der Legalisierung einen Mangel an Möglichkeiten, legal ihr Cannabis zu beschaffen - zur Freude des Schwarzmarktes.
Der Kampf der Anbauvereine
Wer einen Cannabis Social Club gründen wollte, merkte schnell, dass dies mit einigen bürokratischen Hürden verbunden sei. Nicht nur hohe Auflagen an Sicherheit und Jugendschutz müssen erfüllt werden, auch in den Behörden herrschte lange Zeit Unwissenheit über die Zuständigkeiten bei der Bearbeitung von Anträgen. Grund hierfür war, dass die Verantwortung über die CSC vom Bund auf die Länder übertragen wurde, ohne dafür einen klaren Handlungsrahmen vorzugeben. Obwohl bereits seit Juli theoretisch möglich, dauerte es noch bis die ersten Genehmigungen erfolgten und die Vereine mit dem Anbau und der Weitergabe an die eigenen Mitglieder:innen beginnen durften. Einen Lichtblick bot Niedersachsen, die relativ schnell den ersten Club genehmigten, welcher auch bereits im letzten Jahr die erste Ernte feiern durfte. Währenddessen dauert es in vielen Bundesländern weiter an und die CSCs müssen auf ihre Genehmigung weiterhin warten, allen voran in Bayern, wo besonders streng kontrolliert wird. Wahrscheinlich folgt die große Ernte hierzulande daher erst in diesem Jahr.
Sturm auf die Apotheken
Während die Social Clubs mit der Bürokratie kämpften, begannen die Apotheken früh vom Umstand zu profitieren. Mit der Legalisierung fiel der BtM-Status für Cannabis weg. In der Folge entfiel auch die Dokumentationspflicht für die Apotheken. Somit konnte leichter verschreibungspflichtiges Cannabis an die Menschen verteilt werden. Zahlreiche Plattformen tauchten im Internet auf, wo Interessierte nach dem Beantworten eines Fragebogens leicht an ein Rezept kommen, um damit ihr Weed von der Apotheke zu kaufen. Eine gesetzliche Grauzone, die zwar von vielen genutzt wird, aber auch negative Folgen mit sich bringt. So herrscht teils ein Lieferengpass, unter dem besonders diejenigen leiden, die tatsächlich auf Cannabis als Medizin für ihre Behandlung angewiesen sind. Kritiker:innen werfen der Regierung vor, nicht genug getan zu haben, um dieses Problem zu verhindern.
Hanfmessen werden immer beliebter
Mit der Legalisierung in aller Munde war der Ansturm auf die Hanfmessen im letzten Jahr besonders groß. Am meisten konnte man dies auf der größten Messe dieser Art, der Mary Jane in Berlin, spüren. Offensichtlich hatten die Veranstalter den Andrang unterschätzt und als Folge war der Einlass am ersten Tag teilweise für mehrere Stunden gesperrt. Auch wir waren dabei und berichteten darüber. Anders war es in Hamburg und Ilsede, wo die Messen kleiner waren. Obwohl beide Messen mehr Besucher hatten als zuvor, war hier der Rahmen noch kleiner, was auch die Planung einfacher machte. Ein Punkt, bei dem die Veranstalter aus Berlin einsahen, dass man hier nicht den eigenen Standards gerecht wurde. Eine Entschuldigung und das Versprechen auf Besserung in diesem Jahr postete man auf dem eigenen Instagram Kanal kurz nach dem Ende der Berliner Hanfmesse.

Erste Modellregionen sollen entstehen
Das CanG besteht aus zwei Säulen, bei denen die erste den gesetzlichen Rahmen für Besitz, Anbau und die Cannabis Social Clubs regelt. Die zweite Säule sieht Modellregionen vor, in denen wissenschaftlich untersucht werden soll, welche Auswirkungen der legale Vertrieb von Cannabis in entsprechenden Fachgeschäften hat. Die Umsetzung hängt aber seit Monaten fest, wofür von vielen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verantwortlich gemacht wird. Zuletzt gab es jedoch ein Lichtblick, als Berlin, Hannover und Frankfurt am Main angekündigten, sich für das Projekt als Region bewerben zu wollen. Vor kurzem hatte Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) einen Erlass unterschrieben, der die Prüfung der Anträge regelt.
Ausblick auf 2025
Nach 2024 verspricht das neue Jahr weiterhin spannend zu werden. Es bleibt beispielsweise interessant zu beobachten, ob die Modellregionen in diesem Jahr mit dem Vertrieb in lizenzierten Geschäften beginnen dürfen. In Berlin plant man es sogar schon zum Sommer des Jahres. Die Neuwahlen sorgen währenddessen für einige Denkfalten bei Cannabiskonsumenten:innen, da die Aussicht auf ein Sieg der Union die Befürchtung aufkommen lässt, dass bisherige Erfolge revidiert werden, besonders wenn man sich die Aussagen von Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) anhört, der die Legalisierung sogar ganz zurücknehmen möchten. Was auch passieren mag, wir werden hier für euch berichten und wünschen euch schon mal viel Spaß beim Lesen.