Cannabis aus der Apotheke boomt

Aktualisiert am
Veröffentlicht am
30.7.2024
Von
Philip Pranoto
Lesezeit:
3
Min.
Ein Rezept für Cannabis war bisher noch nie leichter zu bekommen. Zahlreiche Anbieter im Internet ermöglichen Lieferung von medizinischem Cannabis in wenigen Tagen. Was viele freut, sorgt allerdings auch für Kritik...

Mit der Teillegalisierung von Cannabis ist es für die Menschen in Deutschland deutlich leichter geworden, medizinisches Cannabis zu erwerben. Das sorgt bei den Anbietern mittlerweile für klingende Kassen und gute Laune. Während für viele Freizeitkonsumenten damit der Traum vom unkomplizierten und legalen Erwerb näher rückt, wird auch Kritik daran laut.

Cannabis auf Rezept in wenigen Tagen geliefert

Seitdem Cannabis in Deutschland im April dieses Jahres teilweise legalisiert wurde, stellen sich potenziellen Konsumenten drei Möglichkeiten, um an THC-Cannabis zu gelangen. Eigenanbau, über eine Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung, oder durch ein Rezept, welches von einem Arzt ausgestellt werden muss. Während das Anbauen selbst eigenen Aufwand benötigt, der in der Regel über drei bis vier Monate erbracht werden muss, stellen Anbauvereinigungen aktuell kaum eine richtige Alternative dar, da die überwältigende Mehrheit noch auf Genehmigung von den jeweiligen Landesregierungen wartet. Die bürokratischen Mühlen mahlen langsam und so konnte erst vor kurzem ein Cannabis Social Club aus Niedersachsen die landesweit erste Lizenz zum Betrieb erhalten. Wir berichteten.

Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen, die durch den Eigenanbau und den Mangel an genehmigten CSC’s entstehen, ist der Erwerb von Cannabis über ein ärztliches Rezept für viele eine echte Alternative geworden. Und das ist mittlerweile online sehr einfach geworden, wodurch man nicht mehr den Gang zum Arzt oder Ärztin machen muss. 

Obwohl es in Deutschland bereits seit 2017 möglich ist, Cannabis auf Rezept zu erhalten, musste man davor den Arzt oder die Ärztin konsultieren und sie erstmal davon überzeugen, dass die gewünschte Medizin auch verschrieben wird. Das ist mittlerweile nicht mehr nötig, da zahlreiche Anbieter ärztliche Rezepte anbieten, für die man lediglich einen Fragebogen auf der Seite des jeweiligen Anbieters ausfüllen muss. Je nach Plattform sind diese Fragebögen teilweise sehr kurz und einfach, während andere die Antworten je nach Förderlichkeit für ein Rezept farbig mit Grün und Rot markieren. Nach dem Ausfüllen und Versenden des Formulars, dauert es oft nur ein paar Werktage, bevor das medizinische Cannabis im Paket mit der Post ausgeliefert wird. 

Dieses Geschäftsmodell mit dem medizinischen Cannabis boomt. So berichten Großhändler gegenüber dem WDR, dass sich die Zahl der Patienten verzehnfacht hat. Einige Prognosen gehen davon aus, dass bis zum Ende des Jahres bereits über eine Million Menschen in Deutschland ein Rezept für Cannabis beantragt haben könnten.

Kritik kommt von Befürwortern der Legalisierung

Während die neue Flexibilität für viele Freizeitkonsumenten, um an legales Cannabis zu gelangen, von vielen gefeiert wird, gibt es auch Kritik. So befürchtet Michael Kambeck vom Bund der Deutschen Cannabis-Patienten im ZDF, dass die mangelnde Differenzierung zwischen Freizeitkonsum und medizinischem Einsatz zu einer zunehmenden Stigmatisierung derer führen kann, die auf eine Behandlung tatsächlich angewiesen sind. Für Kambeck sei es vor allem problematisch, dass zahlreiche Anbieter im Internet so auftreten, als sei von vornherein bereits klar, dass die Ausgabe erfolgen wird und somit das Produkt und nicht die Behandlung im Vordergrund stehe. Das sei in seinen Augen unseriös und schade dem Vorhaben eher.

Auch juristisch ist das Geschäft mit dem medizinischen Cannabis in seiner aktuellen Form fraglich. Denn nach dem Heilmittelwerbegesetz ist eine Fernbehandlung nur erlaubt, wenn nach anerkannten Standards kein persönlicher Kontakt zum Arzt oder Ärztin nötig ist. Das ist bei Behandlungen mit Cannabis allerdings in der Regel der Fall, was die Rezeptausstellung per Internet in eine fragwürdige Position rückt. Zumindest aus juristischer Sicht. 

Viele Ärztekammern sind derzeit damit beschäftigt, mögliche Verstöße der Sorgfaltspflicht zu beobachten, jedoch arbeiten viele Anbieter mit Medizinern aus dem Ausland, was dieses Vorhaben erschwert. Medizinisches Cannabis kann oft einen hohen THC-Anteil aufweisen und damit erhöht sich auch die Gefahr für die Patienten, da damit ein erhöhtes Risiko für Psychosen einhergeht.

Rezepte für Cannabis vorerst weiterhin leicht erhältlich

Während die Kritik weiterhin besteht, gibt es aktuell keine Anzeichen aus der Politik, dass sich am aktuellen Zustand in nächster Zeit etwas ändern wird. Wer ein Rezept für sein Cannabis erhalten möchte, kann dies weiterhin tun und auch bei den Anbietern zeichnet sich derzeit ab, dass sie weiterhin vom anhaltenden Boom profitieren und dadurch wachsen werden.