Cannabis Legalisierung: Doch keine Coffee-Shops in Modellregionen?
Die von der Ampel-Koalition beschlossene Teillegalisierung ist seit April in Kraft und zu seiner Zeit sprach man von verschiedenen Säulen, die den Weg ebnen sollten, um letztlich den Verkauf von Cannabis in lizenzierten Geschäften zu ermöglichen - nach dem Vorbild aus den Niederlanden. Dafür sollten Modellregionen entstehen, in denen genau dies möglich sein sollte. Dieses Vorhaben droht nun zu scheitern, während die Union sich bereits in Stellung bringt, um das gesamte Gesetz wieder zurückzunehmen.
Säule-2-Gesetz: Vorhersehbarer Verstoß gegen EU-Recht
Bisher ist die erste Säule des Cannabisgesetz (CanG) bereits beschlossen und wird seit April in Deutschland angewendet. Damit ist Besitz, der private Anbau und die Gründung sowie Mitgliedschaft in einem Cannabis Social Club erlaubt. Im ursprünglichen Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP noch eine “kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften” angekündigt, von der bisher aber jegliche Spur fehlt. Grund dafür ist der Verstoß dieses Vorhabens gegen Völkerrecht und EU-Recht, vor dem Juristen bereits lange warnten. Bisher hatte man jedoch den Eindruck, dass diese von der Ampel-Koalition nicht ernst genommen wurden. Vielmehr war man noch tief davon überzeugt, dass man diese rechtlichen Hürden meistern würde. So auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) beispielsweise im Interview mit der Heute-Show vor zwei Jahren.
Um EU-Recht zu umgehen, sollte die zweite Säule vorerst zeitlich begrenzt, als wissenschaftlicher Versuch in regionaler Form stattfinden. Der Plan sah vor, dass die Modellregionen vorerst auf fünf Jahre begrenzt sind und die Auswirkungen einer kommerziellen Lieferkette auf den Schwarzmarkt sowie Gesundheits- und Jugendschutz dokumentiert und wissenschaftlich untersucht werden. Im Falle einer positiven Entwicklung sollte dann in Brüssel eine Änderung des EU-Rechts in Bezug auf Cannabis bestanden werden.
Das Gebäude der Europäischen Kommission in Brüssel. Quelle: Associated Press über BPB Bundesgesundheitsministerium lässt auf sich warten
Die Genehmigung der zweiten Säule und der Start des Modellversuchs in dieser Legislatur erscheinen immer unwahrscheinlicher. Gründe dafür sind im Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu finden. Zum einen hatte Lauterbach damals angekündigt, den Gesetzesentwurf zunächst bei der EU-Kommission zur Prüfung einreichen zu wollen, was dann allerdings in Brüssel mehrere Monate dauern dürfte. Zum anderen hat das BMG bis heute noch keinen Entwurf fertiggestellt, obwohl dafür ursprünglich der Spätsommer 2023 gedacht war. Dazu gibt es aus dem Gesundheitsministerium seit Monaten die gleiche Meldung, dass “die Arbeiten der Bundesregierung an der Vorbereitung der zweiten Säule [...] komplexe fachliche und rechtliche Fagen [umfasst] und erfordern eine Abstimmung zwischen den beteiligten Ressorts.” Dies sei noch nicht abgeschlossen.
Allerdings ist nicht nur das BMG für die zweite Säule verantwortlich, sondern auch das Haus von Cem Özdemir (Grüne), das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Gemeinsam mit Lauterbach ist Özdemir federführend bei der Cannabis-Legalisierung und aus seinem Ministerium gibt es seit April 2024 auch bereits einen Entwurf für die Konsumcannabis-Wissenschafts-Zuständigkeitsverordnung (KCanWV), wonach die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für den Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken vorgesehen ist. Damit sei ein Teil der zweiten Säule bereits entworfen worden und auch im BMEL warte man derzeit auf den fehlenden Gesetzesentwurf aus dem BMG.
CDU/CSU plant bereits Rückkehr in alte Tage
Die Aussicht, dass die zweite Säule nicht mehr in dieser Wahlperiode zustande kommen wird, öffnet für die Union die Tür zu einer möglichen Rücknahme des CanG und die Rückkehr zur Cannabis-Prohibition, die auch von Friedrich Merz (CDU) bekräftigt wird.
Zur aktuellen Lage vermutet der drogenpolitische Sprecher der CDU/CSU Tino Sorge, “dass auf Arbeitsebene der Ressorts die Erkenntnis gereift ist, dass die Legalisierung von Cannabis in der aktuellen Form ein Irrweg ist – und zwar einer, der sowohl im deutschen als auch im europäischen Recht zahlreiche Probleme aufwirft". Auch der rechtspolitische Sprecher der Union, Günter Krings sprach dazu und sagte, dass “in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses [...] darauf hingewiesen worden, dass die weitergehende Idee der Ampel, auch den Verkauf von Cannabis in Geschäften zu legalisieren, rechtswidrig sei”. So rät die Opposition der Ampel, von ihrem Vorhaben abzusehen - allein schon aus rechtlichen Gründen.
Ob im Falle einer neuen Regierung mit der Union die bisherigen Fortschritte tatsächlich zurückgenommen werden, gilt dennoch als unwahrscheinlich. Keine Partei im Bundestag, außer die AFD, ist absolut gegen die Legalisierung und eine Zusammenarbeit mit ihnen würde schwerwiegende politische Implikationen für die Union mit sich ziehen. Daher ist es wahrscheinlicher, dass man auf einen Kompromiss hinarbeitet, der ein Einfrieren des Status Quo vorsieht.