Schedule 1: Warum halb Deutschland plötzlich virtuelle Growzelte aufstellt

Schedule 1: Das Steam-Phänomen zwischen Growzelten und Drogenküchen
In den letzten Wochen ist ein kleines Indie-Game auf Steam durch die Decke gegangen und sorgt seitdem für ordentlich Gesprächsstoff – besonders in der deutschen Gaming-Szene. Die Rede ist von Schedule 1, einem Spiel, das dich vom kleinen Cannabiszüchter zum Drogenbaron aufsteigen lässt. Was auf den ersten Blick nach typischem Trash-Game klingt, hat sich inzwischen als echter Hit entpuppt: Mit über 450 000 gleichzeitig aktiven Spielerinnen auf Steam und teils mehr als 220 000 gleichzeitigen Zuschauerinnen auf Twitch gehört Schedule 1 zu den erfolgreichsten PC-Spielen des Frühjahrs 2025. Auch in Deutschland hat das Spiel eine riesige Community erobert. Große Streamer wie eliasn97 oder PhunkRoyal haben es regelmäßig im Programm, auf TikTok trendet #ScheduleOne und selbst Reddit ist voll von Tutorials, wie man die besten Pflanzen züchtet und den effizientesten Lieferdienst aufzieht.
Vom Samen zur Macht: So spielt sich Schedule 1
Was macht Schedule 1 so besonders? Die Grundidee ist schnell erklärt: Du beginnst als kleiner Dealer in der fiktiven Stadt Hyland Point. In deinem schäbigen Apartment stellst du die ersten Grow-Zelte auf, kaufst Erde, Dünger und Saatgut und kümmerst dich liebevoll um deine Pflanzen. Doch damit endet es nicht: Schon bald geht es darum, die Ernte weiterzuverarbeiten, neue Rezepturen zu entwickeln und sogar harte Drogen wie Meth oder Kokain herzustellen. Dein Imperium wächst, wenn du richtige Entscheidungen triffst – oder fällt, wenn du Fehler machst. Vom simplen Longboard-Lieferdienst entwickelst du dich irgendwann zu einem Boss, der seine Produkte über Paketstationen vertickt, das verdiente Geld über Waschsalons reinwäscht und ganze Straßenzüge unter Kontrolle hat. Dabei spielt Schedule 1 seine große Stärke aus: das Gefühl, ständig zu wachsen, besser zu werden und aus Fehlern zu lernen – eine Mischung, die in Aufbauspielen einfach süchtig macht.

Warum gerade Deutschland Schedule 1 so feiert
Gerade in Deutschland trifft das Spiel einen Nerv. Die Kombination aus Wirtschaftssimulation, ein bisschen „Breaking Bad“-Feeling und einer Prise Tabubruch sorgt dafür, dass es überall Gesprächsthema ist. Die Einstiegshürde ist niedrig, denn mit rund 20 Euro ist Schedule 1 erschwinglich, der Koop-Modus macht es außerdem perfekt für Twitch-Streams und Community-Events. Dazu kommt, dass die Entwickler von TVGS fleißig an Updates arbeiten und regelmäßig neue Rezepte, Features und Verbesserungen nachliefern. Wer also auf wirtschaftliche Aufbauspiele steht und kein Problem mit der doch recht speziellen Thematik hat, findet hier derzeit eines der spannendsten Early-Access-Games überhaupt.
Die Schattenseiten: Wenn virtuelle Drogenproduktion reale Neugier weckt
Doch so faszinierend das Spiel für Erwachsene auch ist – es gibt auch eine Kehrseite, über die man offen sprechen muss. Schedule 1 vermittelt den Einstieg in die Drogenproduktion als etwas fast schon Spielerisches. Der Anbau von Pflanzen, das Strecken von Substanzen und selbst die Produktion von Meth und Kokain werden in kleinen Minigames dargestellt, die kaum die tatsächlichen Gefahren widerspiegeln. Vor allem jüngere Spieler*innen könnten dadurch leicht ein verharmlostes Bild von illegalen Drogen bekommen. Wenn dann auch noch Additive wie Bleichmittel oder Wachstumshormone im Spiel zur Leistungssteigerung verwendet werden, ohne dass deren reale Gesundheitsrisiken thematisiert werden, wird es kritisch.
Hinzu kommt, dass Schedule 1 bislang keine Altersfreigabe durch USK oder PEGI hat. Steam empfiehlt eine Altersfreigabe ab 18 Jahren, kontrolliert diese aber in der Praxis kaum. Wer die Familienansicht nicht aktiviert hat, läuft Gefahr, dass sich auch jüngere Spieler*innen schnell Zugang verschaffen. Gerade angesichts der realen Cannabis-Legalisierung und der steigenden Popularität von Homegrowing sollte man das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn was in Schedule 1 wie ein cleveres Managementspiel aussieht, kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass Jugendliche tatsächlich anfangen, eigene Experimente zu starten – mit allen Risiken, die illegale Anbauversuche, Streckmittel und der Kontakt zur echten Drogenszene mit sich bringen.
Schedule 1 im Fazit: Faszination trifft Verantwortung
Schedule 1 ist die perfekte Mischung aus Tycoon-Spiel und gesellschaftlichem Tabubruch. Erwachsene Spielerinnen finden hier ein ungewöhnlich fesselndes Aufbauspiel, das durch seine Mechaniken und seine stetige Weiterentwicklung überzeugt. Doch gerade durch die realitätsnahe Darstellung der Drogenproduktion entsteht eine Verantwortung, die Spielerinnen, Eltern und die Gaming-Community gleichermaßen im Blick behalten sollten. Unterhaltung und kritisches Bewusstsein schließen sich nicht aus – und genau deshalb sollte der Hype um Schedule 1 nicht ohne Aufklärung begleitet werden.